Organisation

Wie Workshops Grosses verändern

7 Minuten Lesezeit • Geschrieben von Camille Peter
Wie Workshops Grosses verändern

Workshops spielen in meinem Job als Webprojektleiterin eine sehr grosse Rolle. Wenn Sie sich fragen, was genau die Ziele eines Workshops sind, oder wie Workshops überhaupt funktionieren, dann lesen Sie gespannt weiter und lernen Sie neue Dinge dazu. Ich werde viel über die Vorbereitung, die Durchführung und die möglichen Methoden sprechen, aber auch über die Wichtigkeit eines FollowUps berichten.

Als Erstes widme ich mich dem wichtigsten Kernthema. Das ist es zumindest für mich. Die Vorbereitungs-Phase. Aus dem griechischen Alphabet stammt das Sprichwort «A und O». A für Alpha, den ersten Buchstaben und O für Omega, den letzten Buchstaben. Und was ist nun dieses «A und O» bei Workshops? Meiner Meinung nach ist es eben genau diese Vorbereitung.

Was sind die Ziele eines Workshops?
Zuerst frage ich mich immer, was sind meine konkreten Ziele, welche ich nach dem Workshop erreicht haben möchte. Die Ziele sind immer unterschiedlich. Treffe ich einen Kunden zum ersten, zweiten oder max. dritten Mal? Dann geht es mir darum, ein möglichst grosses und gleichzeitig detailliertes Bild vom Kunden zu erhalten. Zu erfassen, wie die Vision des Unternehmens beschrieben wird und um herauszufinden, wie wir sie dabei unterstützen können. Treffe ich einen Kunden – den ich schon länger kenne – für ein spezifisches Produkt? Dann sind meine Ziele ganz anders. Ich möchte verstehen, wo die Pain-Points* liegen, um herauszufinden, wie wir diese eliminieren können. Und ich möchte auch erfahren, was genau der Kunde aus unserem Angebot braucht und wie es gestaltet sein soll.

Ergänzend nehme ich selbstverständlich auch auf, was die Ziele des Kunden sind. Diese nehme ich an oder frage vor dem Workshop nach.

*Ein Pain-Point ist etwas, was nicht super funktioniert und somit enttäuscht. Beispiel: Eine Katalog-Produktion geht sehr lange, weil alle Daten manuell eingepflegt werden müssen, da die Daten aus dem bestehenden Produktinformation-System (PIM) nicht exportiert werden können.

Was mache ich mit den Zielen?
Nach der Definition der Ziele kann der nächste organisatorische Schritt beginnen. Denn ich weiss jetzt, welche Fragen im Raum stehen. Ich muss mir also nur noch Gedanken machen, wie ich diese beantworten kann. Doch bevor ich mit der Auswahl der Methoden starten kann, benötige ich einzelne weitere Angaben.

Hier ein paar offene Punkte, die geklärt werden müssen:

  • Wer wird alles am Workshop teilnehmen?
    Zu wissen, wie viele Personen und aus welchen Tätigkeitsfeldern dabei sind, hilft bei der Wahl der Methoden, Sprache und Gruppengrössen für Gruppenübungen.
  • Wo findet der Workshop statt?
    Die Location und das Rauminventar sind sehr wichtig. Denn alles was ich benötige, muss am Workshop vor Ort sein. In einem Raum ohne Beamer bringt eine Präsentation nicht viel. In einem Unternehmen ohne kleine Räume zum Zurückziehen, bringen Gruppenübungen nicht viel.
  • Welches Material ist vor Ort vorhanden?
    Wenn’s keine Flip-Charts gibt, plane ich ohne damit zu arbeiten. Wenn’s keinen Adapter für den Laptop hat, schreibe ich den eigenen auf die Packliste.

Jetzt habe ich die Ziele und auch grundlegende Informationen zur Durchführung. Alles ist bereit, um mit der Methodik-Auswahl zu starten.

Wie funktioniert ein Workshop?
Das ist wohl eine Frage, die viele interessiert. Leider kann ich Ihnen keine eindeutige Antwort darauf geben. Aber ich versuche es! Mein Rezept für möglichst spannende und erfolgreiche Workshops ist die Methodenvielfalt. Klar nicht nach dem Motto: «mehr ist mehr». Aber ich bin überzeugt, dass die «passende» Wahl der Methodik die Teilnahme, Spannung und den Output positiv beeinflussen. Relevant für die Entscheidung sind Gruppengrösse, Räume, Material, Ziele und auch die bestehende Kundenbeziehung. Hier paar Beispiele aus vergangenen Kundenterminen:

  • Tonalitäts-Übung: 
    Eine Liste mit gegensätzlichen Begriffen. Jede Person soll dann auf dem Grafen zwischen den beiden Begriffen einen Klebepunkt hinkleben, der zeigen soll, wo sich das Unternehmen positioniert. Am Schluss versucht man einen grossen Punkt an einen Ort zu setzen. Falls dies nicht möglich ist, können auch mehre Punkte stehen gelassen werden, da teilweise die Bedeutung der Begriffe nicht ganz klar ist.
Tonalitätsübung
  • World-Coffee: 
    Eine bestimmte Anzahl Themen definieren. Diese Themen bilden dann jeweils eine Kleingruppe. Jede Kleingruppe setzt sich zu Beginn an einen Tisch / in einen separaten Raum und bespricht das Thema. Die Inputs werden auf einem Plakat oder sonstigen Hilfsmitteln platziert. Danach wechseln alle Kleingruppen zum nächsten Thema. Bis alle Gruppen an jedem Thema waren. Pro Thema gibt es eine Person die Moderator spielt und über alle Runden hinweg an dem Tisch bleibt. Zum Schluss tragen die Moderatoren in einer Kurzfassung alles vor was am Tisch besprochen wurde.
  • Einteilen:
    Das Einteilen in verschiedene Stufen. Beispiel für die Bestimmung von einem Funktionsumfang wäre, «Now-Wow-How», «machen wir – überzeugt uns – lassen wir sein» oder auch «Phase 1 | Phase 2 etc.». Für diese Methode ist es wichtig, die Begriffe klar zu definieren, damit das clustern einfacher ist.
  • Bewertung:
    Beurteilung nach verschiedenen Faktoren anhand von Jury-Formularen, Jasskarten etc. Jede Person erhält Jasskarten, eine kleine Wandtafel oder auch Jury-Karten. Damit sollen präsentierte Inhalte bewertet werden, damit eine Richtung bestimmt oder der Geschmack und die Bedürfnisse des Kunden besser erkannt werden können.
Jury-Karte
  • Zusammenarbeit:
    Es wird ein Ballon und ein wasserfester Stift in die Runde gegeben. Diese beiden Dinge werden nun im Kreis weitergegeben. Alle dürfen etwas drauf schreiben (z.B. ihre Vision, ihr Ziel, Feedback etc.) und kurz in der Gruppe erläutern, was sie aufgeschrieben haben und warum. So kann zum Beispiel eine Projektvision ausgearbeitet, die Ziele festgelegt oder auch Feedback zu einem Produkt, dem Workshop eingeholt werden.
  • Wortwolke:
    Dafür eignet sich das Onlinetool Mentimeter vor allem zur Einstimmung in ein Thema (Begriffe sammeln) oder aber auch für die Inspiration, Feedback, Themensammlung etc.
  • Raumverteilung:
    Jeder Ecken im Raum hat eine Bedeutung. Beispielsweise bei der Zielüberprüfung übertroffen, erfüllt, so la la, nicht erfüllt.

Ich könnte noch viele mehr aufzählen. Es gibt aber auch ganz viele weitere Methoden im Netz. Wichtig; Nicht jede Methode eignet sich für alles!

Sobald ich alle Ziele, Abklärungen und Methoden zusammenhabe, passe ich die Präsentation an. Diese enthält die Detailfolien, aber auch den Ablauf, die Regeln etc. Im letzten Schritt stelle ich dem Kunden die Ablauf-Information zu. Wenn nötig gebe ich dem Kunden im gleichen Zug einen kleinen Vorbereitungs-Auftrag.

Obwohl Ablauf und Auftrag auch mit A starten, hat das griechische Alphabet nicht nur ein A und O. Workshops auch nicht. Da wäre beispielsweise noch das D für Delta oder auch Durchführung. Auch dieser Buchstabe ist sehr elementar für einen guten Workshop! Befassen wir uns nun damit.

Was, wenn der Workshop nicht so läuft, wie erhofft?
Das ist ein Problem – oder mehr eine Herausforderung – welchem vermutlich jede Person mal begegnen wird. Dies kann diverse Ursachen haben:

  • Material vergessen
  • Workshop-Teilnehmenden sind demotiviert, gelangweilt, lassen sich nicht motivieren, sind nicht sonderlich kreativ gestimmt etc.
  • Die Präsentation will nicht starten
  • Zeitplan geht nicht auf

Und noch vieles mehr. Bei allen Situationen ist immer eines ganz wichtig: «Bleiben Sie flexibel und lassen Sie sich nicht aus der Ruhe bringen». Das klingt einfach, ist es für die meisten aber nicht. Aber denken Sie auch hier wieder daran: Die Vorbereitung ist das A und O und wenn Sie diese gut gemacht haben, wird Ihnen das in diesen Situationen helfen. Hier paar Massnahmen, die Sie schon in der Vorbereitung treffen können, dass Sie einen kühlen Kopf bewahren können:

  • Überlegen Sie sich in der Vorbereitung schon alternative Methoden, damit Sie auf die Gruppendynamik und einzelne Personen besser eingehen können.
  • Machen Sie vor der Planung eine Bedarfsanalyse und klären ab, wie kreativ oder eben sachlich sich die Kunden den Workshop wünschen.
  • Bereiten Sie das Material am Tag vorher vor und hängen Sie sich ein Post-it als Reminder an Ihren Arbeitsplatz.
  • Laden Sie die Präsentation zusätzlich als PDF herunter und haben Sie FlipCharts für eine analoge Präsentation dabei.
  • Nehmen Sie zusätzliche Übungen mit, falls mehr Zeit bleibt, und machen Sie sich Gedanken, welche Übungen gekürzt / weggelassen werden können, falls keine Zeit mehr bleibt.
  • Lassen Sie den Kunden sich selbst vorbereiten, indem Sie einen Vorbereitungs-Auftrag versenden.

Diese Liste könnte wohl endlos so weitergeführt werden. Grundsätzlich gibt es da zu sagen, dass ein Grossteil sicher auch in der Übung liegt. Umso öfter Sie auf eine solche Situation treffen, desto besser werden Sie in Zukunft damit umgehen können. Und was auch ganz wichtig ist: gestehen Sie sich «Fehl-Planungen» ein und reden Sie transparent mit den Workshop-Teilnehmenden darüber.

  • Wie hat Ihnen diese Methode gefallen?
  • Hätten Sie für die nächste Übung lieber etwas mehr Lead / Selbstständigkeit / Bewegung / Inputs ...?
  • Bitte entschuldigen Sie, ich habe wohl die Schere vergessen. Hat irgendwer eine in der Nähe und könnte diese holen?

Und was auch immer sehr hilfreich ist: Gehen Sie nicht allein. Nehmen Sie schon in der Planung und dann auch für die Durchführung ein Teammitglied mit. Dieses kann in schwierigen Situationen unterstützen, übernehmen oder dokumentieren.

Was passiert danach?
Nach dem Workshop kann es dem Kunden viel bedeuten, wenn Sie eine Zusammenfassung schreiben und allen Teilnehmenden zur Verfügung stellen. Dies nenne ich gerne «FollowUp». Es hilft Ihnen, Ihrem Team und auch dem Kunden das Geschehene nochmals Revue passieren zu lassen. Zudem tauchen so eventuell Fehlinterpretationen oder Missverständnisse auf, die sonst erst spät in der Projektarbeit wieder auftauchen. Ich verwende für das FollowUp in der Regel eine angepasste (mit Inhalten aus dem Workshop ergänzte) Präsentationsfolie und hebe die wichtigsten Erkenntnisse und Entscheidungen im Mail-Text hervor. Wichtig ist dabei immer das Sprichwort: «in der Kürze liegt die Würze». Einen Roman möchte niemand lesen, aber das Wichtigste muss dennoch im Mail schnell erfasst werden können. Auch hier werden Sie bei jedem FollowUp besser. Wagen Sie sich nach Feedback zu fragen und die Kritik beim nächsten Text / Mail umzusetzen.

Wie Sie sicher gemerkt haben, ist das A und O einiges grösser als das D und das F für «FollowUp». Trotzdem ist alles davon wichtig. Und ein erfolgreicher Workshop wird es auch nur dann, wenn kein Buchstabe davon fehlt.

Achtung: Erfolgreich bedeutet nicht perfekt oder reibungslos. Es bedeutet schlicht, dass die Ziele zu einem grossen Teil erreicht wurden oder klar ist, was noch getan werden muss, um diese zu erreichen.

Gerne zum Schluss noch meine beiden letzten Tipps an Sie:
Wir arbeiten mit einer sogenannten Workshop-Box. Eine Kiste mit wahnsinnig viel Material. Diese Box hilft, dass nichts vergessen geht – denn man nimmt auf einen Kundentermin immer die ganze Kiste mit. Sie hilft aber auch, wenn man hineinschaut, sieht, was alles drin ist: so kommen mir häufig aus dem Nichts ganz kreative Ideen für neue Methoden oder Herangehensweisen. Das Material ist aus umliegenden Geschäften. Beim Einkaufen habe ich mir bewusst nicht für alles einen konkreten Zweck überlegt.

Workshop-Box mit diversen Inhalten: Schreibmaterial, Sticker, Karten, Klebeband etc.

Ein Workshop, der nicht perfekt ist und nicht reibungslos verläuft, soll Ihnen in Ihrem persönlichen Lernprozess helfen. Drehen Sie die Schrauben dort, wo es beim letzten Mal geholpert hat. So können Sie Stück für Stück optimieren und weiterwachsen. Viel Erfolg und vor allem SPASS dabei!